Freitag, 22. Januar 2021

Weben mit zwei Gatterkämmen

Jetzt mal Butter bei die Fische!

Als die australische Web-Lehrerin Kelly Casanova einen Online-Weave-Along angeboten hat, habe ich mich angemeldet. Es ging darum, mit zwei Gatterkämmen zu weben; zwei Küchenhandtücher sollten dabei entstehen.

Jetzt mag man denken: Pah, soviel Aufwand für Küchenhandtücher, die man doch auch preiswert kaufen kann. Aber man muss keine Weberin sein, um zu wissen, wie schön, angenehm und befriedigend es für eine Selbermacherin ist, auch banale Dinge selbst zu machen und sich im Alltag damit zu umgeben.

Ein kleiner Blick auf das Ende:

Und so ging es los:

Zwei Gatterkämme (mit denen man die Kettfäden hochhebt oder absenkt) mussten nach einem bestimmen und nicht ganz einfachen Schema eingefädelt werden. Nun mache ich ja schon so viele Jahre Handarbeiten, die zum Teil aufwändig, schwierig oder kleinteilig sind, da habe ich mir Geduld angewöhnt. Und die war hier auch nötig. Wie beim Stricken gibt es bei diesem Webmuster einen Rapport und nach jedem habe ich geprüft, ob alles richtig ist. Ich hatte Glück und habe Fehler sofort gefunden und behoben.

Ich musste schon ein paar Zentimeter weben, bis ich das Muster erkennen konnte. Es heißt Diamond Stripes.

Das Diamant-Muster ist ja ein ganz bekanntes bei den Webstuhl-Webern. Dies hier ist eine Abwandlung davon, die noch einen Streifen-Effekt durch die unterschiedlich Hervorhebung der Kett- Und Schussfäden produziert. Um diesen Effekt gut sichtbar werden zu lassen, war es ratsam, kontrastierende Farben für Kette und Schuss zu verwenden; bei mir naturweiß und blau.

Auch das Webmuster hat einen Rapport von 10 Reihen. Ich habe mir einen Spickzettel gemacht; nach einer Weile weiß man das zwar auswendig (auch hier wieder die Parallele zum Stricken), aber ich musste letztlich immer wissen, wo ich in der Abfolge war. Ich bin als Weberin noch nicht soweit, dass ich das im Muster erkennen kann. Vielleicht komme ich mal dahin.

Ich habe oben von zwei Tüchern gesprochen. Nachdem eines beendet war, habe ich das Garn gewechselt. Und genauso wie sich das anhört, macht man es auch. Man kann übergangslos mit dem anderen Garn weitermachen oder ein paar Hilfsfäden oder einen Papierstreifen einlegen.

Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit meinen Tüchern, auch wenn ich bei einem einen Fehler gewebt habe; hier zu sehen:

Da bin ich aus dem Rapport 'rausgeflogen und habe ein paar Reihen doppelt gewebt, was mir erst später aufgefallen ist. Das gibt mir sogar eine Idee, wie ich vielleicht das Muster abwandeln könnte.

Apropos Muster: Das Muster ist so angelegt, dass es zwei unterschiedliche Seiten hat, die auch beide sehr schön ausfallen.

Das fertige Gewebe wird immer in Wasser gelegt und gewaschen. Die kleinen Zwischenräume zwischen den Fäden schließen sich, kleine Unregelmäßigkeiten können sogar verschwinden.

Mein verwendetes Material ist eine Bio-Baumwolle und nicht mercerisiert - das nimmt Feuchtigkeit besser auf. Die fertigen Tücher sind schön weich und beim Säumen habe ich mir überlegt, ob ich solch ein Tuch nicht sogar wie ein Frottee-Handtuch verwenden möchte.

Da ich eine etwas längere Kette geschärt (Weberjargon) hatte, habe ich auf dem letzten Stück einige andere Garne mit dem selben Muster gewebt. Das zeige ich jetzt 'mal alles, auch wenn es vielleicht nur die Weber interessiert. Es dient mir auch zur Gedächtnisstütze für zukünftige Projekte, denn ich halte das Muster auch geeignet für Schals und Kissenhüllen, um nur zwei Möglichkeiten zu nennen. Es sind immer beide Seiten des Gewebes zu sehen mit einer Probe des verwendeten Garns, darunter meine Beurteilung. 

1. stark gedrehtes Baumwollgarn, selbst gefärbt mit Säurefarben


gefällt mir; das Muster kommt auf beiden Seiten gut 'raus; die Stärke passt für eine einfädige Verwendung

2. Bobbel-Garn aus reiner Baumwolle, dreifädig


zu dünn und ungeeignet

3. Sockenwolle


zu dünn

4. zwei Fäden Lace-Garn aus reiner Wolle, selbst pflanzengefärbt


gar nicht schlecht; auch der melierte Effekt gefällt mir; zwei Fäden sind von der Stärke gerade noch ausreichend

5. Garn aus Recycling-Baumwolle


gefällt mir gut; Muster kommt gut 'raus

6. meliertes, ungleichmäßig dickes Baumwollgarn


gefällt mir; auch unregelmäßig gesponnenes Garn funktioniert

7. dickere Schurwolle in drei Farben (selbst pflanzengefärbt)


weniger geeignet; werde ich nicht weiter verfolgen


Wie lange ich daran gewebt habe? Das kann ich nicht sagen; nur von Kette aufziehen bis fertiges Gewebe vom Rahmen schneiden habe ich eine Woche gebraucht. Ja, doch, ich habe in dieser Woche auch - fast -ganz normal gelebt: geschlafen, gearbeitet, gekocht, gegessen und mein Mann musste sich kein Foto von mir aufstellen.

Das nächste größere Ereignis hier auf dem Blog dürften die Stoffspielereien sein - immer am letzten Sonntag im Monat. Diesmal ist das auch der letzte Tag: 31. Januar und das Thema ist: Smocking. (Ich habe schon etwas fertig!)

7 Kommentare:

  1. Das Du so schöne Sachen selbst weben kannst - das begeistert mich sehr. Denn ich kann mir da kaum vorstellen, wie das funktioniert. Daher mag ich Deine Beschreibungen sehr, auch hier die Bewertungen der unterschiedlichen Materialien.
    Liebe Grüße
    Ines

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    1. Danke für deinen Kommentar. Ich freue mich immer wieder, wenn ich die „Näherinnen“ unter uns für meine Webereien interessieren kann.

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  2. Diese Tücher sehen toll aus! Da möchte ich sie am liebsten gleich mal fühlen. Super, dass Du die unterschiedlichen Wollarten ausprobiert hast und die Ergebnisse zeigst. Liebe Grüße!

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  3. Ich habe leider gar keine Ahnung von dieser wunderschönen Handwerkskunst, deinen Beitrag habe ich jedoch sehr ineressiert und begeistert gelesen. Ich beneide dich um diese Kenntnis und deine wertvollen Ergebnisse. Sehr gut kann ich mir vorstellen, solche Tücher auch als Handtücher zu nutzen, das ist dann der ganz besondere Luxus.
    LG eSTe

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    1. Danke sehr! Ich zweifle ja immer mal, ob ich meinen Lesern, die vornehmlich aus der „Nähecke“ kommen, meine Webereien zumuten soll, aber Kommentare wie deiner bestärken mich darin, weiterzumachen.

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  4. Die gewebten Tücher sehen so schön aus! Ja, du hast ganz recht. Man möchte diese feinen Dinge doch gern täglich benutzen als sie nur irgendwo in Schubladen zu hüten.
    Liebe Grüße
    Andrea

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